Vorwort

Im „normalen“ Leben berate ich Kommunikationsagenturen bei der Frage, wie sie neue Kunden gewinnen können. Ich beschäftige mich also mit Marketing- und Werbefragen. „So“, werden Sie sich jetzt vielleicht denken, „was will mir denn ein ‚Werbefuzzi‘ zu so komplexen Themen wie der Organspende, dem Hirntod und der Transplantation sagen können?“ Recht haben Sie mit dieser Frage.

Als ich begann mich mit der Organspende zu beschäftigen, betrat ich keine luftige Blumenwiese, auf der alle notwendigen Informationen wohlfeil aufbereitet vorliegen. Ganz im Gegenteil – es gibt viele sich widersprechende Informationen. Ich hatte es mit einem Gelände voller Hindernissen und Fallgruben zu tun. Schwierig zu beantwortende Fragen stellten sich: Ist ein Hirntoter wirklich tot? Wird ein Patient, bei dem man einen Spenderausweis findet, optimal behandelt? Was ist überhaupt dieser mysteriöse Hirntod? Obwohl ich nierentransplantiert bin und mich deswegen schon mit dem Thema beschäftigt hatte, stellten sich immer wieder neue Zweifel, je mehr ich mich mit diesen Fragen beschäftigte. Auch das Netz war keine wirkliche Hilfe, weil hier oftmals widersprüchliche Informationen ohne Einordnung nebeneinanderstehen. Der einzige Weg zur Klarheit war das Gespräch mit
Fachleuten.

Gesagt, getan. Aber so einfach war es dann doch nicht. Worin denn meine Kompetenz bestünde, wurde gefragt. Ich als Laie könne doch diese komplizierte Materie überhaupt nicht verstehen. Ohne Medizinstudium gehe das nicht, und wenn mich das interessiert, solle ich halt Fachbücher lesen. Die allermeisten Ärzte hat aber überzeugt, dass ich ein wirkliches Interesse an dem Thema habe. Da ich mehr als 24 Jahre nierentransplantiert bin, wollte und musste ich verstehen, auf welchen Grundlagen ich mein Organ bekommen habe.

Aber ist denn einem Organempfänger überhaupt zu trauen? Bin ich nicht per se parteiisch? Kann ich Informationen objektiv einordnen? Natürlich habe ich als Transplantierter eine Meinung. Die Frage sei gestattet, wer hier neutral bleiben könnte? Aber auch als Profiteur dieses Systems, möchte ich wissen, unter welchen Umständen ich ein Organ erhalten habe. Es kann nicht in meinem Interesse sein, dass zum Beispiel die Spender, aber auch deren Angehörige, darunter gelitten haben. Dass ein solcher Prozess, für die die zurückbleiben, immer schwierig ist, ist keine Frage. Aber er darf sich durch die Spende nicht verschlimmern. Im besten Falle finden die Angehörigen hierin Trost und es verbessert ihre Lage. Gleiches gilt für den Spender. Es wäre unerträglich, wenn dieser zum Beispiel während der Organentnahme Schmerzen empfinden würde. Ich möchte nicht mein Leben verbessern, wenn andere Menschen leiden müssen. Aus diesen Gründen kann der Leser durchaus auch von einem Organempfänger eine Einordnung erwarten. Genau das soll mit diesem Buch erreicht werden.

Freiburg, im Dezember 2018

Heiko Burrack

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